- 15.05.2025 - 12:44
Am 15. Mai 2025 konnten wir am IWI Prof. Dr. Aleksi Aaltonen für einen interessanten Forschungsvortrag begrüssen. Er sprach darüber, warum Daten nicht als gegebene Fakten betrachtet werden dürfen. Der Professor für Informationssysteme am Stevens Institute of Technology betonte, dass jede Kennzahl auf menschlichen Entscheidungen beruht: welche Ereignisse erfasst, welche Fragen gestellt und welche Optionen angeboten werden. Damit verschiebt sich der Fokus vom Datensatz selbst auf das data-producing arrangement: das Ensemble aus Fragenlogik, Messinfrastruktur und Systemanbindung, das Daten erst möglich macht.
Aaltonen machte klar, dass solche Arrangements durch drei Aspekte geprägt sind. Erstens bestimmen „grammatikalische Regeln“ etwa, ob ein Formular nur eine Nationalität zulässt oder Mehrfachnennungen erlaubt. Zweitens zeigt die historische Entwicklung, wie alte Normen in heutigen Datenfeldern weiterleben und durch Re-Design aufgebrochen werden können. Drittens entscheiden Datenflüsse zwischen Systemen darüber, ob neu erzeugte Informationen tatsächlich nutzbar sind oder in Silos verkümmern.
Anhand einer Vignette zur Erfassung von Geschlechtsidentitäten illustrierte er, wie ein zusätzliches Feld nicht-binären Personen Sichtbarkeit verschafft, zugleich jedoch HR-, CRM- und Analyseplattformen zum Umbau zwingt. Solche Eingriffe nennt Aaltonen Dateninnovation: Die Schaffung neuartiger Daten erhöht die Fähigkeit einer Organisation, weitere datenbasierte Innovationen hervorzubringen und gezielter in ihr Umfeld einzugreifen.
Sein Fazit: Wer Daten gestaltet, nimmt Einfluss. Eine schlecht designte Datenerfassung perpetuiert Bias und verpasst Chancen; eine gut designte eröffnet neue Geschäftsmodelle, von der Wiederverwendung vorhandener Medikamente bis zu präziseren Empfehlungssystemen. Offen bleibt, wie Klassifikationssysteme künftig auditierbar werden und wie Fragen der Data Justice systematisch untersucht werden können – Themen, die Aaltonen mit seiner frei zugänglichen Data Studies Bibliography weiter vorantreibt.