Crowdsourcing spiegelt eine innovative Lösung für den kommenden Mangel an IT-Personal wider. Es befähigt Organisationen, die Kreativität, das Wissen und die verteilte Arbeitskraft von Millionen von Menschen anzuzapfen und charakterisiert eine neue Art der Organisation menschlicher Arbeit. Dieses GFF-Projekt entwickelt theoretische Erkenntnisse, die erklären, wann Crowdsourcing eine effektive Art der Wertschöpfung ist und wie Organisationen Crowdsourcing effektiv organisieren und verwalten können.
Verantwortlich
Dr. Ivo BlohmDie Schweizer IT- und Softwareindustrie trägt heute überproportional zur Schweizer Wohlstandsschöpfung bei. Im Jahr 2010 schufen 4 % der Beschäftigten 5,2 % des Bruttoinlandsprodukts – so viel wie der Maschinenbau und die Pharmaindustrie zusammengenommen. Allerdings werden die Schweizer IT-Unternehmen in naher Zukunft mit einem Mangel an qualifiziertem Personal konfrontiert sein. Unter Berücksichtigung der ständigen Zuwanderung und der zukünftigen Neuabsolventen werden im Jahr 2020 25.000 Mitarbeiter fehlen.
Da die Zahl der IT-Absolventen seit zehn Jahren rückläufig ist, wird diese Menge an neuen Mitarbeitern nicht zur Verfügung stehen. Folglich werden die Produktivität und der Beitrag des IT-Sektors zur Wertschöpfung sinken, da Schweizer IT-Unternehmen ins Ausland abwandern.
Crowdsourcing könnte eine Lösung für den kommenden Mangel an IT-Personal darstellen. Es ermöglicht Unternehmen, die Kreativität, das Wissen und die verteilte Arbeitskraft von Millionen von Menschen anzuzapfen und kennzeichnet eine neue Art der Organisation menschlicher Arbeit. Es fehlt jedoch an Theorien, die erklären, wann Crowdsourcing eine effektive Art der Wertschöpfung ist und wie Organisationen Crowdsourcing effektiv organisieren und managen können. Basierend auf dieser Forschungslücke wollen wir untersuchen, wie Schweizer IT-Unternehmen Softwareentwicklungsprojekte systematisch durch Crowdsourcing organisieren können, um ihre Produktivität trotz Personalknappheit zu erhalten oder sogar zu verbessern. Zu diesem Zweck werden wir die Softwareentwicklungs- und IT-Outsourcing-Literatur durchsehen, um einen theoretischen Rahmen abzuleiten, der beschreibt, wie Charakteristika von Softwareentwicklungsprojekten und organisatorische Fähigkeiten gemeinsam den Crowdsourcing-Erfolg beeinflussen. Anhand mehrerer Fallstudien werden wir dann empirisch überprüfen, wie und warum Projektcharakteristika und organisatorische Fähigkeiten den Crowdsourcing-Erfolg beeinflussen, indem wir die Transaktionskostenökonomie (TCE) und den Resource-based View (RBV) anwenden. In einer konsekutiven Analyse nutzen wir dann unser Verständnis erfolgreicher Crowdsourced-Softwareentwicklungsprojekte, um unsere Fallstudien so zu erweitern, dass wir untersuchen können, wie Crowdsourcing systematisch organisiert und gesteuert werden kann.
Für die Praxis wird unser Projekt Schweizer IT-Unternehmen helfen, herauszufinden, welche Arten von Softwareentwicklungsprojekten sich für Crowdsourcing eignen und wie solche Projekte effektiv gemanagt werden können. Für die Wissenschaft wird unsere theoretische Integration von TCE- und Crowdsourcing-Forschung zu einer nachsichtigeren Konzeptualisierung von Crowdsourcing-Erfolg beitragen, die sowohl das Potenzial von Crowdsourcing zur Erzielung effektiverer Problemlösungen als auch die entstehenden Transaktionskosten berücksichtigt. Des Weiteren folgen wir in Anlehnung an die RBV dem Aufruf verschiedener Forscher und tragen zur theoretischen Untermauerung der Umstände und Kontingenzen von erfolgreichem Crowdsourcing bei. Da die Softwareentwicklung eine Aktivität der systematischen Herstellung von Software in einer industrialisierten Weise beschreibt, leisten wir auch einen Beitrag zur TCE, bei der weder die Natur der Produktionskosten noch ihr Zusammenhang mit den Transaktionskosten gut verstanden sind.